16.05.2011

au!38 - so müd

TIZIANELLO (zurückkommend).
Jetzt ist er wieder ruhig, und es strahlt
Aus seiner Blässe, und er malt und malt.
In seinen Augen ist ein guter Schimmer.
Und mit den Mädchen plaudert er wie immer.
ANTONIO.
So legen wir uns auf die Stufen nieder.
Und hoffen bis zum nächsten Schlimmern wieder.
(Sie lagern sich aif den Stufen. Tizianello spielt mit Gianinos Haar, die Augen halb geschlossen).
BATISTA (halb für sich).
Das Schlimmre. . . dann das Schlimmste endlich . . . nein.
Das Schlimmste kommt, wenn gar nichts Schlimmres
mehr,
Das tote, taube, dürre Weitersein . . .
Heut ist es noch, als ob's undenkbar wär . . .
Und wird doch morgen sein.
(Pause)
GIANINO.
Ich bin so müd.
PARIS
Das macht die Luft, die schwüle, und der Süd
TIZIANELLO (lächelnd).
Der ARme hat die ganze Nacht gewacht!
GIANINO (auf den Arm gestützt).
Ja, du . . . die erste, die ich ganz durchwacht.
Doch woher weißt denn du's?
TIZIANELLO.
Ich fühlt es ja,
Erst war dein stilles Atmen meinem nah,
Dann standst du auf und saßest auf den Stufen . . .
GIANINO.
Mir war, als ginge durch die blaue Nacht,
Die atmende, ein rätselhaftes Rufen.
Und nirgends war ein Schlaf in der Natur.
...
(Hugo von Hofmannsthal: Der Tod des Tizian)